Die Piratenpartei hat sich entschieden.
Sie hat sich entschieden, einen konservativen BuVo zu wählen.
Sie hat sich entschieden, zwei Personen wiederzuwählen, die ihre letzte Amtszeit nicht zuende geführt haben, weil sie ihre Ziele nicht durchsetzen konnten.
Sie hat sich entschieden, eine Person zu wählen, die den Orgastreikenden ihren Respekt ausgedrückt hat und ihren für ihren Mut gedankt hat.
Sie hat einen Vorsitzenden gewählt, der glaubt, dass das Streikrecht auch in einer politischen Partei gilt.
Sie hat sich entschieden als Antwort auf die Frage „entweder ihr vertraut den Entscheidungen des Bundesschiedsgerichts nicht…“ per Applaus und Gejohle dem Bundesschiedsgericht ein Misstrauensvotum auszustellen.
Sie hat sich entschieden. Und das ist ihr gutes Recht. Das ist Demokratie.
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Und ich habe das Recht, an dieser Stelle zu prüfen, ob das noch meine Partei ist.
Der BuVo, der gewählt wurde und damit die Mehrheit der Partei widerspiegelt, ist mir zu konservativ.
Nun könnte ich versuchen, für meine Ideen zu werben, und die innerparteilichen Mehrheiten zu ändern. Das Problem daran ist nur: ich sehe nicht, dass wir die innerparteilichen Strukturen für einen gepflegten Richtungsstreit haben.
Die Piratenpartei hat LiquidFeedback in der Partei kaputtgespielt.
Liquid wäre die Möglichkeit gewesen, *echte* Mehrheiten abzufragen. Damit hätte man denen vorhalten können, die sich immer auf die nebulöse „schweigende Mehrheit“ beziehen: „im LQFB haben 93% gegen Deine Aussage gestimmt. Du hast die Möglichkeit, das innerparteilich zu ändern, aber bis dahin hältst Du Dich bitte an die Beschlusslage“.
Die Piratenpartei hat per Orgastreik und BuVo-Rücktritten Sabotage und Erpressung als politisches Mittel etabliert. Damit haben wir gleich drei Präzedenzfälle geschaffen:
- wir machen uns völlig lächerlich, wenn wir jemals wieder das Abschalten digitaler Infrastruktur durch Regierungen verurteilen
- wir haben Sabotage als innerparteiliches Meinungsverstärkungstool akzeptiert, weil es AFAIK für die Orgastreikenden keine Konsequenzen gab.
- wir haben bei der Bewertung der Vorfälle nicht auf unsere internen Experten gehört, sondern zugelassen, dass die Entscheider sich ihre eigene Wirklichkeit zusammenreimen. Wenn uns ein halbes Dutzend Admins sagt, dass für den Orgastreik in der freien Wirtschaft die Handschellen geklickt hätten, dann kann man den Orgastreikenden natürlich für ihren Mut danken. Dann kommen sich die Experten aber verarscht vor.
Die Piratenpartei hat sowohl den Orgastreik als auch die Rücktritte ein zweites Mal legitimiert, indem wir Streikrechts-Fans, Zurückgetretene und Orgastreik-Groupies in den BuVo gewählt haben.
Und die Auswirkungen zeigen sich jetzt schon: wer noch vor wenigen Wochen mit #keinHandschlag den Europawahlkampf boykottiert hat, weil es nicht nach seiner Nase ging, ist jetzt plötzlich mit #1000haende wieder da.
Noch mal langsam zum Mitschreiben: Mitglieder einer politischen Partei haben ihren eigenen Europawahlkampf boykottiert. Merkt Ihr selbst, oder?
Die Piratenpartei lässt das Bundesschiedsgericht ins Leere laufen.
Das BSG hatte zu Spitzenzeiten nach den Rücktritten mehr als 20 offene Verfahren gleichzeitig. Wir haben uns den Arsch aufgerissen, um satzungsgerecht zu entscheiden. Trotzdem wird jede einzelne Entscheidung mit Häme und Beleidigungen quittiert, und wie zuletzt von der VL in Halle, von den Betroffenen ignoriert (kleiner Nebenrant: wir haben ACHT verfickte Mal die oBPT-Einladung und die Argumente dagegen auf dem Schreibtisch gehabt, und keine Argumentation hat Zweifel an der Korrektheit der Einladung geweckt, und trotzdem wird dem uninformierten Gefasel eines Verschwörungstheoretikers am Saalmikro dasselbe Gewicht beigemessen. I don’t even…).
Soweit ich das überblicke, haben wir uns ganz elegant alle Instrumente kaputtgemacht, mit denen man Basisdemokratie hätte praktizieren können.
Pech auch.
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Sobald mein Schreibtisch beim Bundesschiedsgericht leer ist (d.h., alle Verfahren, an denen ich beteiligt bin, abgeschlossen sind), werde ich von meinem Amt zurücktreten.
Ich bin ursprünglich für diesen Posten angetreten, weil ich die wildromantische Vorstellungen vom Wahren des Parteifriedens hatte.
Tja, im letzten Vierteljahr habe ich eines gelernt: es ist im BSG derzeit unmöglich, eine Entscheidung zu treffen, die nicht alles nur noch schlimmer macht. Nicht eine unserer Entscheidungen hat in dieser ganzen BPT-Scheisse irgendeine Auswirkung auf den Parteifrieden gehabt. Wie sollen wir den Parteifrieden wiederherstellen, wenn Streitparteien von Anfang an klar durchblicken lassen, dass sie eine Entscheidung gegen sie nicht anerkennen werden? Wenn wir genau wissen, dass wir Zeit und Nerven investieren, und nach unserem Urteil keine Entspannung zu erwarten ist, sondern nur noch abstrusere Verschwörungstheorien, wer mit wem schläft, damit der kBuVo dem BSG die Urteile in die Feder diktieren kann?
Und dann haben wir mit Landesvorständen zu tun, die ein Parteiausschlussverfahren gegen eine Person beantragen, und wenn die Person dann tatsächlich ausgeschlossen wurde, gegen alle ranten, die damit zu tun hatten — inklusive des BSG. Einen davon haben wir gerade in den BuVo gewählt. Da freut man sich doch auf die Zusammenarbeit 🙂
Warum man überhaupt ein PAV beantragt, wenn man keins will, wird mir ein ewiges Rätsel bleiben, liebe Hessen.
Ich bin also in drei / vier Wochen raus aus dem BSG.
Bleibt die Partei.
Die Partei, die immer noch keine Möglichkeit hat, wirklich basisdemokratisch ein Programm zu erzeugen.
Die Partei, die Sabotage legitimiert.
Tja.
Nein.
Es tut mir leid.
Zeitgleich mit meinem Rücktritt aus dem BSG werde ich dann auch aus der Piratenpartei austreten.
Danke, dass Du austrittst und nicht weiter versuchst, der Partei zu schaden.
Danke für alles, was du getan und gelassen hast. Du bist eine wirkliche Bereicherung für jede Initiative/Gruppe, in der du aktiv bist.
Ich hoffe, dass du mit dabei wärst, wenn wir etwas versuchen, dass bisher noch nie geschehen ist. Mit all den coolen Sachen, von denen wir hofften, dass sie in der Netzpartei schon da seien oder bald kämen.
Mg oliver
Nicht der Richter entscheidet, ob er ein verfahren übernimmt, sondern der GVP. So lange du Mitglied des BSG bist, wirst du nach GVP auch neue Verfahren bekommen. Auch die SGO sieht einen „Teilrücktritt“ nicht vor.
Danke für deine Arbeit!
(Und eigentlich wollte ich nur kommentieren, damit das Verhältnis zwischen blödem Nachtreten und Danksagen wieder ausgeglichen ist.)
Hallo Daniela,
zunächst möche ich Dir für die geleistete Arbeit in der Partei Danken, kann aber einige Deiner aufgestellten Thesen nicht nachvollziehen.
Insbesondere ist mir die Aussage „Wenn uns ein halbes Dutzend Admins sagt, dass für den Orgastreik in der freien Wirtschaft die Handschellen geklickt hätten,..“ aufgefallen.
Da ich selbst in der EDV Branche tätig bin, interessiert mich die Rechtsgrundlage für diese Aussage sehr.
Mit vielen Grüßen
Richard (Stelv. Vorsitzender KV-Stade)
Danke für deine Arbeit, ich hoffe das Du uns nicht ganz vergessen wirst und das was Olli sagt.
@kläger erst denken dann schreiben. Mitglied im Schiedsgericht kann nur ein Parteimitglied sein SGO §3 Abs. 1 sowie §3 Absatz 7.
Das BSG hat juristische Narrenfreiheit. Klar kann man da behaupten man hätte alles richtig gemacht, man ist die höchste Instanz in der Partei.
Und gerade in der Situation mit dem kBuVo wäre ein neutrales (!) BSG entscheidend gewesen und kein BSG das im Klüngel mitmischt. Dieses hätte auch sehr viel Stress aus der Situation nehmen können. Aber man hat lieber die immer noch sehr umstrittenen Entscheidungen des kBuVo gedeckt.
Und wer sich in Ämter wählen lässt und dann über zu viel Arbeit klagt, hat das ganze eh nicht verstanden.
Manche sind auf dem Weg zur Linken oder MLPD halt falsch abgebogen und müssen jetzt wenden. Kein Ding.
Hallo Michael,
welche Entscheidung ist denn nicht neutral gewesen? Wirst du daher den aBPT anfechten? Oder den Kläger dabei unterstützen, vor einem ordentlichen Gericht zu klagen? Oder für die mehreren mittlerweile frei gewordenen Richterposten im BSG kandidieren?
Fragt sich,
Niels.