Gastbeitrag von Miriam Seyffarth
Der Antrag:
PA465 Positionspapier von Steffen Hannemann und Birgiene Uhl “Retten von Lebensmitteln straffrei, Vernichten von Lebensmitteln mit hoher Abfallgebühr bestrafen” ist für mich ein Beispiel für: Tolle Intention, leider nicht so toller Antrag. Das Thema ist mir aber ziemlich wichtig, daher stelle ich Euch den Antrag und meine unentschiedene Meinung dazu vor:
Hintergrund:
Immer mehr Menschen in Deutschland leben unterhalb der Armutsgrenze und sind daher z.B. auf die Tafeln angewiesen, um sich und ihre Familien ernähren zu können. Währenddessen werfen Supermarkt-Ketten immens große Mengen von Nahrungsmitteln, welche noch verzehrt werden könnten, weg, weil sie fast oder bereits das Verfallsdatum überschritten haben. Einige wenige Supermärkte spenden Teile dieser zum Wegwerfen bestimmten Lebensmittel an die Tafeln. Vor diesem Hintergrund hat sich ein Phänomen entwickelt, welches “Containern” genannt wird: Menschen durchsuchen die Abfallcontainer hinter den Supermärkten nach noch genießbaren Lebensmitteln. Die Supermärkte gehen dagegen vor, indem sie die Abfallcontainer verschließen oder ätzende Substanzen in die Container geben. Das Containern gilt als Diebstahl und wird von den Supermärkten zum Teil zur Anzeige gebracht.
Vielfach wird daher gefordert, dass das Containern straffrei sein soll und die Supermärkte dazu verpflichtet werden sollen, ihre Lebensmittelabfälle zugänglich zu machen oder an Tafeln zu spenden, das Wegwerfen der Lebensmittel soll mit Strafen belegt werden.
Problem:
Es ist ein ziemlich komplexes Thema, bei dem viele Aspekte bedacht werden müssen und es keine ganz einfachen sinnvollen Lösungen gibt. Es muss auf der einen Seite anerkannt werden, dass die Supermärkte nach Gewinn streben, und es für sie nicht sinnvoll ist, Lebensmittel zu verschenken, wenn die Menschen dann nicht mehr bei ihnen einkaufen. Bei manchen Lebensmitteln wie z.B. tierischen Produkten ist die Gefahr auch größer, dass man Verdorbenes verzehrt, es muss also genauer auf das Verfallsdatum geachtet werden, Tafeln nehmen daher z.B. keine solchen Spenden an. Es muss auch geprüft werden, dass Supermärkte nicht verklagt werden können, wenn jemand nach dem Genuss von verdorbenen Lebensmitteln eine Lebensmittelvergiftung erleidet. Gleichzeitig muss nach einer Lösung gesucht werden, wie man die Lebensmittel, die noch genießbar sind, Menschen in Not in einer für alle tragbaren Kompromisslösung zuteilen kann.
Fazit:
Ich halte die Forderung, dass das Containern straffrei sein sollte, für sehr sinnvoll. Das Vernichten von Lebensmitteln ist ein Problem, es stellt sich aber die Frage, ob es so leicht mit dem Auferlegen einer Strafe gelöst werden kann. Mal ganz davon abgesehen, dass auch kein Hinweis gegeben wird, was „eine hohe Abfallgebühr“ sein soll und in welchen konkreten Fällen sie verhängt werden soll. Der Antrag ist unterkomplex und bedenkt wichtige Aspekte zu wenig, geht aber in die richtige Richtung.
Meine Meinung zu dem Antrag ist daher hin- und hergerissen: Da der Antrag nur ein Positionspapier ist, würde es uns nicht weh tun, ihn zu beschließen, er taucht nicht im Wahl- oder Grundsatzprogramm auf. Wir können ihn als Arbeitsauftrag betrachten, uns weiter mit dem Thema zu beschäftigen und differenziertere Positionen dazu auszuarbeiten. Die Abstimmung über das Positionspapier wäre also so eine Art Meinungsbild, ob wir uns weiter in diese Richtung engagieren wollen.
Er ist aber andererseits wirklich nicht besonders gut aufgestellt oder durchdacht. Und eigentlich möchte ich auch nicht, dass wir schlechte Anträge beschließen. Eine Ablehnung auf dem Parteitag könnte ich daher gut verstehen und mittragen. Schade, dass es nicht geklappt hat, einen besseren Antrag zu dem Thema zu schreiben, vielleicht beim nächsten Mal.