Mein letztes Wort zum Thema Guttenberg

So, der Herr Freiherr ist also zurück.

Ich bin der Überzeugung, dass man davon ausgehen sollte, dass Menschen aus Fehlern lernen können, und dass man ihnen eine zweite Chance geben sollte.

Dennoch stelle ich fest, dass es an mir nagt, dass Herr zu Guttenberg so sang- und klanglos wieder in der Öffentlichkeit auftaucht.

Und deshalb möchte ich an dieser Stelle noch einmal etwas loswerden:

Die Plagiatsaffaire ärgert mich persönlich besonders, weil Herr zu Guttenberg Leuten wie *mir* und meinen Kommilitonen vor’s Schienbein getreten hat.

Ich habe 16 Semester Diplom-Computerlinguistik studiert. Dem geneigten Leser wird auffallen, dass das nicht gerade Regelstudienzeit war. Ich habe es geschafft, eine Diplomarbeit, die bekanntlich auf sechs Monate angelegt ist, auf drei Jahre zu strecken.

Als ich dann endlich die Diplomurkunde in der Hand hatte, überlegte meine Mutter versonnen “so ein Doktor in der Familie, dass wäre schon was…”

Dann ist ihr eingefallen, dass das wahrscheinlich bedeuten würde, dass ich zwischen Einreichen der Doktorarbeit und Eintreten ins Rentenalters noch ungefähr zwei Jahre Zeit für eine Karriere hätte.

Das ist der Grund, warum ich keinen Doktortitel habe.
Ich habe mir angesehen, was es bedeutet, eine Doktorarbeit zu schreiben und habe erkannt, dass ich das nicht schaffen würde.
Also habe ich es bleiben lassen!

Und deswegen ärgert es mich, dass Herr zu Guttenberg sich ebenfalls in Umständen befunden hat, die eigentlich nicht zum Verfassen einer Doktorarbeit geeignet waren. Und er hat es trotzdem getan, er hat es nur geschafft, weil er im besten Fall geschludert hat und im schlimmsten Fall andere für sich hat arbeiten lassen.

Und was mich besonders ärgert, ist, dass er versucht hat, sich als besonderen akademischen Härtefall hinzustellen. Junger Vater, junger Politiker, Quadratur des Kreises, bla bla BLA!

Ich weiss ja nicht, wie das bei den Großkopferten läuft, bei denen offenbar der Doktor auf dem zweiten Bildungsweg gemacht wird.
Ich weiss nur eins: meine Kommilitonen haben sich gleich nach dem Studium entschieden, einen Doktor zu machen. Sie haben von der Uni gnädigerweise eine *halbe* Doktorandenstelle verabreicht bekommen.
Insider wissen, dass das zum Leben zu wenig und zum Sterben zuviel ist.
Also müssen Nebenjobs her.

Bei vielen führen die schlechtbezahlten  Doktorandenstellen dazu, dass die Nebenjobs soviel Zeit fressen, dass den Doktoranden häufig keine Zeit für ihre *eigentliche* Arbeit bleibt.
Ein Teufelskreis.

Meines Erachtens steht also der ganz normale Feld-, Wald- und Wiesen-Doktorand unter  genauso hohem Druck, wie Herr zu Guttenberg seinerzeit.
Sein Rumgewinsel darüber wie schwer das alles war, ist ein Schlag ins Gesicht aller anderen Doktoranden.

Und genau das hat er nie anerkannt.
Sein ganzes Gewäsch darüber, dass es unter diesen Umständen ja geradezu unausweichlich war, dass seine Doktorarbeit nicht den Ansprüchen gerecht wurde, zeigt nur eins: er schiebt die Schuld auf die Umstände, nicht auf sein eigenes Fehlverhalten.
Und das bedeutet, dass er womöglich wieder Abkürzungen nehmen könnte, wenn er sich “schweren” Umständen gegenüber sieht.

Aus all’ seinen Ausführungen kann ich nicht erkennen, dass er irgendwie aus der ganzen chose gelernt hätte.

Deshalb werde ich ihm zwar eine zweite Chance gönnen, ihn aber auch im Auge behalten…

So. Das war’s jetzt zu dem Thema.

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