Liebe EMMA-Redaktion. Ihr könnt mich mal!

Frei nach Emmanuelle Roser (Spitzen-Blogpost, BTW):

Mein Name ist Daniela, und ich bin Pirat.

Und ich spreche der EMMA das Recht ab, in meinem Namen zu schreiben.

Versteht mich nicht falsch: ich bin den Feministinnen der ersten Stunde unendlich dankbar. Sie haben viel bewegt, und mussten in dieser ersten Zeit unerhört militant sein, um überhaupt etwas zu bewegen.

Dennoch muss man kritischerweise feststellen, dass diese Form des Feminismus nicht dauerhaft praktizierbar gewesen wäre. Immerhin hat sie bestimmte Frauen genauso in ihrer persönlichen Entfaltung eingeschränkt, wie das Patriarchat vorher bestimmte andere Frauen eingeschränkt hat.

Wie, der Feminismus hat Frauen in ihrer Entfaltung eingeschränkt?
Ja, unter dem Patriarchat hat es geheissen “du musst zuhause bleiben und dich um den Haushalt kümmern, du darfst keine Karriere machen”.
Während der ersten Welle des Feminismus hiess es plötzlich “du musst Karriere machen, du darfst nicht zuhause bleiben und dich um die Familie kümmern”.
Meine eigene Mutter musste sich Anfang der 80er dafür rechtfertigen, dass sie ihren Beruf auf Eis gelegt hat, um sich um meine Brüder und mich zu kümmern. Die Tatsache, dass Anfang der 80er kaum ein anderer Lebensentwurf möglich gewesen wäre, war nicht relevant. Steinigt die Verräterin!

So, während ich also mit Verneigung anerkenne, dass die ersten Emanzen militant sein mussten, und an einigen Stellen über die Leichen ihrer Geschlechtsgenossinnen gehen mussten, war doch klar, dass dieses Modell nicht für die Ewigkeit gedacht war, oder?

Also muss was anderes her. Da tun sich die EMMA-Redaktion schwer. Sie scheinen nach dem Motto zu leben “Die Männer haben 2000 Jahre lang regiert, jetzt sind wir Frauen 2000 Jahre lang dran, danach können wir meinetwegen teilen” (wird Coco Chanel zugeschrieben?).

Und diese Herrschaft der Frauen und die damit verbundene Unterdrückung der Männer scheint die einzige Idee der EMMA-Fans zu sein.

Ich sehe das anders. Die Unterdrückung der Frauen sollte uns eines gelehrt haben: dass es Unrecht ist, eine Person wegen ihrer Chromosomenkonstellation zu benachteiligen.

Und ich sehe nicht ein, warum es richtiger sein sollte, wenn jetzt Männer von Frauen geringschätzt werden, als wenn früher Frauen von Männern geringschätzt wurden.

Und so kommen wir zurück zum Thema: die Piraten im Speziellen, und die IT-Branche im Allgemeinen leben diese neue Emanzipation, verdammt nochmal!

Wenn man in der IT einen neuen Job antritt, wird von den Kollegen als erstes abgecheckt, ob man was von seinem Handwerk versteht. Wenn sich dabei herausstellt, dass man kein Poser ist, ist die Sache okay, und man gehört zum Team.
Wollt ihr wissen, was für mich im Moment das größere soziale Hindernis in meiner Firma ist? Ihr werdet lachen, als Nichtraucher entgeht mir einiges an privatem Palaver. Und deshalb gehe ich manchmal “auf keine Zigarette” mit runter :-)

Warum also gibt es so wenig Frauen in der IT???

Ganz einfach, weil in den Medien immer noch diese verdammten Vorurteile plattgewalzt werden:

  • typische Männerdomäne (Übersetzung: frauenfeindlich)
  • alles voller Nerds (Ü: die kriegen keinen vollständigen Satz zusammen und stinken)
  • Frauen können kein Mathe (oder nur, wenn die Sonne scheint, nicht wahr, Alice R.?)

Solange diese Vorurteile weitergetragen werden, werde ich immer wieder Mädchen treffen, die mir auf den Vorschlag, Informatik zu studieren, sagen “ich mag Computer ja, aber ich hab mir noch nie eine Festplatte aus einem Kaugummipapier zusammengelötet”

Wenn mal jemand wahrheitsgemäss aus dem Alltag einer Software-Firma berichten würde, würden die Mädels uns die Bude einrennen.

Und ganz genauso verhält sich das mit den Piraten.

Über uns wird nur und ausschliesslich in Vorurteilen berichtet. Alles nur Männer, dass muss ja ein frauenfeindlicher Sündenpfuhl sondergleichen sein!

Vielleicht fragt mich mal einer? Oder eine von den anderen 20 weiblichen Piraten, die ich allein in den letzten 10 Wochen in Berlin getroffen habe?

Aber selbst wenn die EMMA uns gefragt hätte, ich fürchte, dabei wäre nix Gescheites herausgekommen.

Wie kann man von jemanden, dessen ganzer Lebensinhalt die Geschlechterfrage ist, erwarten, dass sie eine Kultur versteht, in der sich die Geschlechterfrage gar nicht stellt?

Wie kann eine vom Krieg gezeichnete Kampf-Emanze sich zu uns ans Lagerfeuer setzen und verstehen, dass wir in ihrer Anwesenheit den Männern den Frieden erklärt haben und zu respektvoller Koexistenz übergegangen sind?

Hier also erneut mein Aufruf an die Piraten: lasst euch nicht kirre machen. Ihr wisst, dass der Frauenanteil deutlich höher ist, als die Medien behaupten. Und ich kann euch bestätigen, dass wir Frauen uns wohl fühlen.

Und EMMA? Schnauze!


Eins noch: von der Verbrennung von Druckerzeugnissen distanziere ich mich genauso scharf, wie von der Praxis, ein Gruppe für ein Fehlverhalten eines einzelnen Mitglieds verntwortlich zu machen

 

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1 comment

  1. [...] (und ein bisschen Feminismus), Der Feminismus kauft dir keine Schokoladenfabrik, Genosse!, Liebe EMMA-Redaktion. Ihr könnt mich mal!, Frauen im Boot bringt Unglück, Postgender in der Piratenpartei; Den eigenen Respekt bekommt man [...]

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